Station 59: Bendorf-Stromberg Telegraphenberg

1. Zuordnung

Wappen Bendorf

2008 Rheinland-Pfalz (RP), Landkreis Mayen-Koblenz (MYK), Stadt Bendorf, Stadtteil Stromberg, Telegraphenberg (T. Wagner 09/2008)

1835 Königreich Preußen, Regierungsbezirk Coblenz, Kreis Coblenz, Gemeinde Sayn, Stationsstelle 59 (H78: 46/47)

1806–1866 Herzogtum Nassau, Amt Selters (http://de.wikipedia.org/wiki/Stromberg_%28Bendorf%29, 01/2015)

2. Namen

Sayn, Telegrafenberg (H78: 98);  Stationsstelle ohne Namen (Statistische Übersicht 1835 in H78: 46)

3. Lage, Koordinaten, Höhe, Karten und Fußwanderung

Lage: im Forst 800 m westnordwestlich Stromberg (T. Wagner).  „Die Station befand sich in dem Wald der Gemeinde Engers“ (H78: 98).  Heute hat der Standort einen dichten Waldbestand, in den zur Zeit des Telegrafenbetriebes Schneisen geschlagen waren.  Bei Nachforschungen konnte der Standort im Juni 2009 durch Grabungen eindeutig nachgewiesen werden.  „Funde von Bruchsteinen, Ziegeln, roten einseitig lasierten Fliesen und Kalkmörtel lassen auf die Bauweise schließen“ (schriftl. Mitt. T. Wagner 04.08.09).

Koordinaten: 50° 27' 33,3" N,  07° 35' 06,6“ O (Theo Wagner, schriftl. Mitt. 11.04.2010); 50° 27.553' N = 50° 27' 33,2" N,  07° 35.114' = 07° 35' 06,8“ O (LG & IG4, 15.04.2011); H 55925, R 33998 (H78: 98).

Höhe: 310 m (H78: 98)

Größere Kartenansicht

Höhenprofil der Stationen: Ausschnitt aus dem Telegraphenbuch III: Abb. 5 (© MENNING et al. 2012)

Höhenprofil der Stationen: Ausschnitt aus dem Telegraphenbuch III: Abb. 5 (© MENNING et al. 2012)
Druckfähige Auflösung (2000x814), 751 KB

Relief mit der Station 59 (Foto: MM 04/2012, Graphik: AH 04/2014)

Relief mit der Station 59 (Foto: MM 04/2012, Graphik: AH 04/2014)
Druckfähige Auflösung (2000x1340), 1,73 MB

Fußwanderung: Ausgangspunkt ist der Parkplatz an der Dieter-Trennheuser-Halle am nördlichen Ende der Straße „Am Telegraphenberg“, von dort Ausschilderung des Weges zur OT-Station (Bilder) (T. Wagner). Ein Knackpunkt dabei ist allerdings die nichtbeschilderte letzte Wegekreuzung 100 m vor der Station. Bitte den bisherigen Weg geradeaus und kräftig bergab weitergehen!

4. Station

4.1 Auftraggeber, Gebäude, Baumeister und Betriebszeit

Auftraggeber: Garnisonsbaudirektor des VIII. Armeekorps in Koblenz, Ingenieurhauptmann von Mühlbach (H78: 84).

Gebäude:
Variante 1: Über den Aufbau und das Aussehen der Station gibt es keine Archivalien mehr (H78: 98).

Variante 2: Die Abmessung des Stationsgebäudes betrug etwa 14 x 16 Fuß bei einer Deckenhöhe von 9 Fuß.  Das Gebäude bestand aus einem zweistöckigen Turm und einer Plattform mit Geländer als Dach (T. Wagner 22.09.08).  Die Station hatte somit wohl kein Wohnhaus.  Die Telegrafisten wohnten wahrscheinlich in Stromberg (T. Wagner 31.05.09)

Grundstück: derzeit geschlossenes Waldgebiet (T. Wagner 22.09.08)

Baumeister:

Betriebszeit: 1833 bis 1852

4.2 Personal, Sicht zum OT60, Nebenerwerb, Anekdote und Verkauf

Personal:
H78: 98:
(1) „Als Telegrafist auf der Station Nr. 59 tätig war der um 1837 zum Obertelegrafisten beförderte und von der Station Sauerwiese [Nr. 55] hierher versetzte Traugott Pohl.  Pohl wurde vor 1849 zum Telegrafenassistenten befördert und nach Berlin versetzt.
(2) Etwa seit 1842 war als Untertelegrafist auf der Station ein Mann namens Zimmermann beschäftigt, der im Frühjahr 1850 zum Obertelegrafisten befördert wurde.“

P. FUCHS 02/2010 schriftl. Mitt.:
zu (2) OT Zimmermann 1852 zur elektro-magnetischen Telegrafie
(4) Obertelegraphist Krause ging 1852 in Pension.

W. Hahn 05/2010 nach Statist. Jahrb. Reg.-Bez. Coblenz 1843:
(5) Fünf evangelische und drei katholische Personen wohnten 1843 in der Station in der katholisch geprägten Bürgermeisterei Bendorf

Sicht zum OT60: Die Sicht abwärts vom OT59 (Höhe 310 m) zum OT60 (Höhe 184 m) muss ein Problem dargestellt haben, denn im Hintergrund vom OT60 war kein freier Himmel, sondern im Süden von Koblenz die Horchheimer Höhe mit einer Höhe von ≈ 340 m in der Sichtachse (Gipfelhöhe > 360 m).

Nebenerwerb: „Sehr interessant ist der Hinweis, dass Pohl mit seiner Familie während seiner Dienstzeit … Kartoffeln angebaut und davon durchschnittlich zwei Zentner hatte verkaufen können.  Darüberhinaus baute man weitere Feld- und Gartenfrüchte an, die auf dem Markt verkauft wurden.  Das kleine Stück Land um das Telegrafenhaus muss demnach intensiv als Gartenland genutzt worden sein.  Möglich wäre auch, dass die Familie Pohl ein Stück Land gepachtet hatte.  Dies ist die einzige Stelle, an der man etwas von einem außerdienstlichen, landwirtschaftlichen Zuerwerb hört“ (H78: 98).

Anekdote: Vom Wegzug der beiden Stromberger Telegrafisten berichtet uns der damalige Lehrer Valentin Überrock in der Schulchronik: ,,In dem Jahre 1849 sind die beiden Telegraphisten, Herr Obertelegraphist Pohl und Herr Telegraphist Friedrich Bennewitz, ersterer als fungierender Assistent der Telegraphenstation Potsdamer Tor in Berlin, letzterer in gleicher Eigenschaft nach Erfurt versetzt worden.  Herr Obertelegraphist Pohl, welcher eine Tochter, Rosalia, verehelicht mit dem Bürger Johann Reith und mehrere Enkel hat, zog am 1. Juli ab, seine Frau blieb bis zum 20. August noch in Stromberg, wo sie auch abzog, und eine Enkelin, die Wilhelmina Reith mitnahm.  Dieses Mädchen ist geboren den 30. Mai 1839, wurde in die Schule aufgenommen den 1. Mai 1845, war stille, lernbegierig und sehr brav.  Der Abschied dieses Mädchens von seinen übrigen Mitschülern erweckte ein trauriges Wehklagen, da vielleicht sie nie mehr ansichtig würde.  Eine glückliche Reise, ein gesundes Lebewohl und ein baldiges Wiedersehen waren die letzten Worte, welche diesem geliebten Mädchen von seinen übrigen Mitschülern und Mitschülerinnen nachgerufen wurden.  Thränen flossen in Mengen.  Auch ich, sein Lehrer, reichte diesem guten Mädchen die Hand, wünschte ihm alles erdenkliche Gute auf die Reise sowie in seinem neuen Dienste in Berlin.  Meine letzten Worte waren: „Fahre fort in Deinem Lernen und Betragen, und du wirst zeitlich und ewig glücklich sein.  Kommst du einstens wieder zurück in deine Heimath nach Stromberg, so wirst du mich zwar nicht mehr antreffen, dann aber gedenke noch meiner Lehre, welche ich dir in der Schule erteilte.  Im Jenseits ist ein ewiges Wiedersehen, wo Eltern ihre Kinder und Kinder ihre Eltern, Lehrer und Schüler und alle frommen Menschen sich einander wiedersehen und ewig bleiben werden.“  Kaum war oben gedachtes Mädchen mit seiner Großmutter in Berlin angekommen, erkrankte diese an der damals herrschenden Krankheit, der Cholera, und starb.  Das Mädchen konnte bei seinem Großvater nicht bleiben und kehrte im Herbst des Jahres wieder zurück in seinen Geburtsort Stromberg und besuchte nun da wieder fleißig die Schule.  So geht es auf der Welt!" (Hoppen 1974 in www.bendorf-geschichte.de/bdf-0037.htm).

Verkauf: Nach Auflösung der Linie im Oktober 1852 schritt man recht zügig mit dem Verkauf voran.  Die Versteigerung … auf Abbruch … fand schon am 19.11.1852 statt.  Zuschlag unter Vorbehalt der Zustimmung durch die Regierung in Koblenz erhielt für sein Meistgebot von 70 Talern der Sandformer Wilhelm Reith aus Stromberg.  Dem Versteigerungsprotokoll beigefügt war ein Schreiben des Bürgermeisters von Bendorf, in dem er zu erklären versuchte, dass dieses unerwartet niedrige Gebot nur auf dem Hintergrund der hohen Abbruchs- und Transportkosten verständlich sei, drückte gleichzeitig bedauernd aus, dass für diesen Preis nicht die Gemeinde Engers „das schöne Gebäude lieber conservierte, da es ihr immer soviel Nutzen bringen würde“.  Doch weder ging die Gemeinde Engers auf diesen Vorschlag ein, noch gab die Regierung in Koblenz die endgültige Zustimmung für den Zuschlag an Reith, sondern befand, angesichts des niedrigen Gebotes, einen erneuten Versteigerungstermin anzuberaumen.    So bot an diesem neuen Termin, dem 2. Dezember 1852 der Gelbgießer Schwarz aus Sayn 138 Taler für das Haus und erhielt den Zuschlag.  Das Haus wurde in den folgenden Wochen abgerissen“ (H78: 99).  Ebenfalls am 19.11.1852 wurde das Mobilar bei starker Konkurrenz aus Stromberg und Nauort versteigert, wobei die kleinen Sachen besser bezahlt wurden als erwartet (T. Wagner 22.09.08).

4.3 Plateau, Fundamentreste, Nutzung, Eigentümer und Beschilderung

Plateau und Fundamentreste: Der ehemalige Standort ist als eingeebnetes Plateau sichtbar, Reste der Fundamente sind im Boden erhalten (T. Wagner 22.09.08).

Nutzung: Forst- und Naherholungsgebiet

Eigentümer: Stadt Bendorf (T. Wagner 04.08.09)

Beschilderung: Der Ort der Station Nr. 59 ist mit einer standardisierten Stationstafel und einem standardisierten Wegweiser (Bild) ausgeschildert (T. Wagner).

5. Umgebung

5.1 Geographie

Der Telegraphenberg ist ein südlicher Ausläufer des Westerwaldes.

5.2 Geologie

Der Ort Sayn mit Schloß und Burg steht auf Oberem Hunsrückschiefer, der heute als Bendorf-Schichten bezeichnet wird.  Daraus besteht auch der Ostteil des Telegraphenberges.  Die überarbeitete geologische Karte von Rheinland-Pfalz 1:25 000, Bl. 5511 Bendorf (Elkholy & Franke 2004) verzeichnet am Telegraphenberg im Gipfelbereich einen Zug Isenburg-Schichten (ca. 405 Mill. Jahre alt) als Härtling.  Im Osten dieser Gipfelzone folgt eine sehr schmale Porphyroid-Lage (rholithische Tuffe) und schließlich Oberer Hunsrückschiefer.  Diese folgen auch nach einer Störung im Westen des Gipfels (schriftl. Mitt. M. Hottenrott 08.01.2010).

Im Kreis Mayen befinden sich die Bergwerke Katzenberg und Margareta.  In diesen beiden derzeit bedeutendsten Schieferabbauen Deutschlands wird untertägig „Moselschiefer“ (Handelsname) gewonnen (http://de.wikipedia.org/wiki/Schiefer).

5.3 Geschichte und Kultur

Urkundlich erwähnt wird Stromberg erstmals im Jahr 1204.

Im Zuge der Eingemeindung Strombergs in die Stadt Bendorf erhielt die Engerser Straße den Namen „Am Telegrafenberg“ (Hoppen 1974).

200 m südlich der ehemaligen Station befindet sich ein Aussichtspunkt, der „Telegraph“ genannt wird, mit schönem Fernblick über die Rheinebene und das Neuwieder Becken bis zu den Höhen der Vulkaneifel und des Hunsrücks (Bild).  Herrliche Wanderwege umgeben den Ort (T. Wagner 2009).

Das Schloß Sayn beherbergt das Rheinische Eisenkunstguss-Museum mit einer einzigartigen Sammlung von Kunstwerken aus Eisenguss der berühmten Sayner Hütte: so Hals- und Armschmuck, ein filigranes Diadem, Teller, Ziertische, Sitzmöbel, Herde, Kochgeschirr und technische Geräte.  Die Arbeitsabläufe eines Formers und Gießers sind dargestellt.  Im Fürstinnenzimmer wird die Geschichte der fürstlichen Familie Sayn-Wittgenstein-Sayn gezeigt (www.sayn.de/schloss-sayn).

5.4 Gewerbe und Produkte

Stromberg hat keine Industrie und ist daher als Wohnort sehr beliebt (T. Wagner).  10 km südwestlich liegt jenseits des Rheins das stillgelegte Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich.

5.5 Gaststätten und Quartiere

Santa Lucia, Isenburgerstraße 28,  11.00–14.00 und ab 17.00,  Tel. 026 01 – 13 83

Im Winkel, Jugendheimstraße,  11.00–14.00 und ab 17.00,  Tel. 026 01 – 91 44 42

Ferienwohnungen und Privatquartiere: Touristik-Information Bendorf,  Tel. 026 22 – 90 29 13,  touristinfo.sayn@bendorf.de

6. Kontakte

Theo Wagner, Hermannstraße 5, 56170 Bendorf-Stromberg,  Tel. 026 01 – 23 37 (PF)

Städtisches Museum Bendorf, Schloß Sayn, Eingang Abteistr. 1, 56170 Bendorf-Sayn,  Tel.: 026 22 – 90 29 13,  touristinfo.sayn@bendorf.de;  geöffnet: März – September 10.00–18.00, Oktober 10.00–17.00, November 11.00–16.00, Dezember – Februar auf Anfrage;  Leiterin: Barbara Friedhofen (PF)

7. Information

7.1 Internet

www.bendorf-geschichte.de/bdf-0037.htm
www.bendorf.de

7.2 Schriften

Hoppen, J. (1974): Stromberg am Telegraphenberg. – Jahrbuch der Stadt Bendorf 1974: 26 ff; Bendorf.

Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsgeschichte, Band 25, S. 10, 13 und 14

8. Öffnungszeiten

jederzeit zugänglich

9. Zur Station Nr. 60

Luftlinie: 10,2 km und zur Station Nr. 58: 5,0 km (TBIII: Tab. 2)

Telegraphenradweg: ? km (Autor ?)

Telegraphenstraße: ? km (Autor ?)
Die Straße nach Koblenz via Sayn ist gut ausgeschildert.